- Ausgabe: 1. Auflage
- Umfang/Format: 391 Seiten ; 20 cm
- Einbandart und Originalverkaufspreis: Gewebe : M 11.603-378-00318-9 Gewebe : M 11.60
- Sachgebiet: Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft
Von Rede ist die Rede, dem direkt adressierten gesprochenen Wort, seinem guten, angemessenen Gebrauch und seinem irreleitenden, betäubenden Mißbrauch. Der hier spricht, steht in einer langen Tradition praktizierter und reflektierter Redekunst, der Rhetorik also, über die vor fast zweieinhalb Jahrtausenden der Grieche Gorgias sagte: >Das Wort ist ein gewaltiger Machthaber, der mit dem kleinsten und unscheinbarsten Organ die wunderbarsten Wirkungen erzielt. Denn es vermag Furcht zu erzeugen und Leid zu bannen.< Doch nur ein geistiger >Machthaber< zunächst, der sich aus dem Munde wirklicher Machthaber weit seltener wunderbar-wirkungsvoll vernimmt als aus dem Munde dessen, der jene coram publico zur Rede stellt leidenschaftlich und listig, das Bedrückende beim Namen nennend und das Erstrebte heraufbeschwörend, unmißverständlich in der Sache und ihr gleichwohl die anschaulichste Gestalt verleihend. Denn Rede will unmittelbar wirken, sie erheischt Öffentlichkeit und, als redliche, nicht bloß deren brausenden Beifall, sondern
auch stille Betroffenheit und produktiven Widerspruch. Vor allem der politischen Funktion von Rhetorik widmet Walter Jens seine eigenen Reden, von denen hier zwanzig ausgewählt sind nach Maßgabe des bis in unsere Zeit.überkommenen Spannungsverhältnisses von Geist und Macht. Zur Debatte steht dabei die deutsche Rhetorik-Tradition, eine wegen ihrer jeweiligen Geschichtsbedingungen so vielfach gebrochene und verdüsterte, aber wegen der damit kontrastierenden großen und deshalb um so heller leuchtenden Begabungen höchst bedenkenswerte Tradition. Walter Jens, geboren 1923, bislang einziger Lehrer der Redekunst von Amts wegen im deutschsprachigen Raum, Altphilologe von Haus aus, Essayist, Romancier, Literatur- und Fernsehkritiker, Dramatiker und bei allem streitbarer christlicher Humanist, der auch auf die Straße zu gehen sich nicht scheut, um Unheil abzuwenden, gibt das Beispiel dafür, wie Gelehrsamkeit, unerbittliche Analyse und standhafte Hoffnung für viele verständlich zu machen sind. Und wie ein kostbares Erbe lebendig werden kann.