- Umfang/Format: 16, 88 Seiten : Mit 88 ganzseit. Abb. ; gr. 8
- Erscheinungsjahr: 1926
- Gesamttitel: Kunstbücher deutscher Landschaften
Kenntnis lübeckischer Plastik ist eine Angelegenheit ge samtdeutscher Kunstbetrachtung. Wie Nürnberg die frän- kische, wie Köln die rheinländische, beherrscht Lübeck
zum mindesten im 15. Jahrhundert — die norddeutsche Kunst in weitestem Umkreis. Darüber hinaus aber hat lübeckische Plastik und Malerei bestimmend auch auf die außerdeutschen Ostseeländer eingewirkt, und zwar so stark, daß man in Schweden einen gewissen Kreis spätmittelalterlicher Kunstwerke nur nach Gesichtspunkten der Qualität so einteilen kann, daß man die besten als lübeckischen Import, die geringeren als einheimische schwedische Arbeit unter lübeckischem Einfluß richtig bezeichnet. Dennoch ist die Zahl der bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten nicht allzu groß. Gerade die starke Nachfrage und der außerordentlich lebhafte Export mögen dazu beigetragen haben, der lübeckischen Kunst ihren besonderen Charakter zu geben: den ausgeprägt konservativen Zug, die etwas derbe, aber immer gefällige dekorative Gesamthaltung und das hohe handwerkliche Niveau. Wird man bei solcher Charakteristik — und mehr noch beim Durchblättern dieses Bilderbandes — die provinziale Haltung dieser Kunst unverkennbar finden, so wird man nur um so lebhaftere Bewunderung gewinnen für die wenigen großen, eigenwüchsigen Gestalten, die mit ihrer meist auswärts gebildeten Kunst wie Revolutionäre in dies peripherische Stilleben eintreten und bei aller umwälzenden Kraft, die dann meist auf lange Jahre zum Vorbild unzeitgemäßer Nachahmer wird, dennoch selber sich dem immer gleichbleibenden Charakter der Stadt einfügen als seien sie nichts anderes als die glänzendste Verkörperung lübeckischem Kunstgeistes. Die Traditionen dieser Stadt sind mächtiger als künstlerischer Einzelwille und reizvoll genug, um immer wieder neue tüchtige Meister in ihren Bann zu zwingen. Lange Zeit hat Lübeck gebraucht, um seine Eigenart auszubilden.
Verlag: Bonn : F. Cohen.