- Ausgabe: 1., . Auflage
- Umfang/Format: 224 Seiten : zahlreiche Illustrationen, graph. Darst. ; 23 cm
- Erscheinungsjahr: 1979
- Schlagwörter: Luther, Martin ; Wittenberg
Wie sah die Stadt Wittenberg aus, als D. Martin Luther und seine Gefährten in ihren Mauern dachten und schrieben, predigten und lehrten, litten und stritten? Diese Frage bewegt den Besucher, der diesen historischen Boden der Reformation betritt. Er wird unter den Bauwerken nach unmittelbaren Zeugen suchen, die noch von den Spuren des Reformators und seiner Zeitgenossen gezeichnet sind. Aber die Geschichte bleibt nicht stehen, sie bewegt sich und hat auch diese steinernen Zeugen umgeformt.
Gestalt, Schicksal und Geschichte der Stadt sind aufs engste mit Wirkung und Nachwirkung des Reformators verbunden. Als Luther nach Wittenberg kommt, ist die Stadt an der Elbe zum kurfürstlichen Zentrum aufgestiegen, geprägt von einem selbstbewußten, vorwärtsstrebenden Bürgertum, aber auch von einer überzüchteten, nicht zuletzt von Macht- und Besitzstreben manipulierten spätmittelalterlichen Frömmigkeit. i 517 läßt der Theologieprofessor D. Martin Luther seine berühmten 95 Thesen gegen den Ablaßhandel an die Tür der Wittenberger Schloßkirche anschlagen. Damit nimmt eine Entwicklung ihren Lauf, die tief in das Gefüge der kurfürstlichen Residenz eingreift. Wittenberg steigt zur führenden deutschen Universitätsstadt auf. Gewerbe und Kunst gelangen zur Blüte. Doch der ungewöhnliche wirtschaftliche Aufschwung hat auch seine negative Seite: Spekulantentum und Inflation breiten sich aus. Und im gleichen Maß, wie Wittenberg weltstädtischen Zuschnitt erhält, nehmen Verschwendungssucht und Sittenverfall überhand. Luthers Zeitgenossen zeigten sich wenig geneigt, dem wiederentdeckten reinen Evangelium gemäß zu leben. So stellt sich dem heutigen Betrachter das Wittenberg der Lutherzeit, die Hochburg der Reformation, nicht als heroische Idylle, sondern als eine Stätte vitaler Widersprüchlichkeit dar.