Antonia Göttsche-Deuble
Es gibt in Luise Wulff's Werk vorzügliche und vergnügliche Beispiele dafür, daß die Illustration eine ihr gemäße Ausdrucksform ist. Sie nun aber vornehmlich als Illustratorin festzulegen, würde ihrem künstlerischen Anliegen nicht gerecht werden.
So sei hier auf andere Aspekte ihrer Arbeit verwiesen:
Als Gestaltungsmittel setzt sie häufig das Prinzip der Serie ein. So stellt sie z.B. das Werden und Vergehen ein-und derselben Pflanze in Phasen dar oder gibt — manchmal in stundenlanger, geduldiger Beobachtung — Bewegungs- und Verhaltensformen von Tieren wieder.
Diesen Studien haftet für gewöhnlich nicht das Merkmal des Vorläufigen, Unfertigen an, weil alle Teilzeichnungen sowohl kompositorisch untereinander als auch auf das Format bezogen sind.
Serienweise entstehen auch die schnell hingeworfenen, notizartigen Landschaftsstudien. Sie beziehen ihren Reiz aus zusammengefaßten, in Bistre lavierten Silhouetten mit darübergelegter Federzeichnung oder farblicher Akzentuierung. Diese teilweise auf farbigem Grund angelegten, oft nur notizblockgroßen Reiseskizzen werden untereinander gereiht und der Betrachter vollzieht durch die Anordnung nach, wie oft die Verfasserin hingesehen hat.
Das Prinzip der Serie mag Indiz dafür sein, daß Luise Wulff's Zeichnungen stets aus dem unmittelbaren Erleben heraus entstehen. So ist es durchaus nichts Ungewöhnliches, daß sie einen Fund oder Fang, nachdem sie ihn in allen Erscheinungsformen gezeichnet hat, zu einer Mahlzeit verarbeitet.
Warum erlegt sie sich die Disziplin auf, ein Motiv immerwieder, aus unterschiedlichen Blickwinkeln und in vielfältigen Variationen, zu zeichnen? Sie selbst bezeichnet sich als Perfektionistin, muß ganz genau wissen, wie etwas aussieht, um weglassen zu könnnen, was entbehrlich ist.
Scheinbar im Widerspruch zum beobachtenden Zeichnen stehen die täglichen „Fingerübungen" der Künstlerin: DIN A 2-Formate voller automatischer Zeichnungen und Gedankenskizzen, fragmenthaft, sehr locker, meist beim Telefonieren entstanden — eine tagebuchartige Dokumentation.
Beide Arten gestalterischer Umsetzung — die aus diszipliniertem Studieren gewonnene Fähigkeit des Weglassens, wie auch die spontane Niederschrift — haben Luise Wulff's Ausdrucksmöglichkeiten bereichert: die grafischen Mittel sind zu autonomen Gestaltungsmitteln geworden, d.h. sie werden nicht nur formschreibend eingesetzt.
Obwohl handschriftliche Hinzufügungen oder das in der Zeichnung Weggelassene den Betrachter aufforderten, Stellung zu beziehen, wurde ihm bislang auch rein ästhetischer Genuß an der „schönen" Zeichnung zugestanden.n ihren jüngsten Arbeiten jedoch verlangt die Künstlerin dem Betrachter mehr ab, indem sie ihn in einer Art verfremdeten Illustration inhaltlich und formal mit Kontrasten konfrontiert.
Auf zart eingefärbten Papieren sind Zeitungsartikel zu realistisch gemalten und gezeichneten Gegenständen montiert, deren deprimierende, alarmierende Inhalte ihren krassen Gegensatz zu den sehr ästhetischen Gegenständen erst auf den zweiten Blick offenbaren.
Vor Troense/DK 9,5 x l0 cm
Weg zum Strand/DK 9,5 x l0cm
Herrenhaus/DK 9xllcm
November/S.H. 9 x l0cm
Klosterfriedhof/DK 8,5 x l0cm
Am jord/DK
9 x 11cm
Vitskol —Kloster/DK 10,5 x 12,5cm
Windmühle
10,5 x11,5cm Ostholstein
9 x 11,5cm